Leitbild

Die Menschen scheitern an ihrer eigenen Kultur

Die Zeichen mehren sich, dass sich die Menschheit den Grenzen ihrer Existenz genähert und diese möglicherweise sogar schon überschritten hat. Solche Zeichen sind überforderte Ressourcen und Ökosysteme, aber auch überforderte Gesellschaften und eine rasch wachsende Zahl überforderter Individuen. Die bislang verfolgten Strategien zur Überwindung dieser Überforderungen sind insbesondere die Steigerung von Effizienz und die Erhöhung der Bereitschaft zu Suffizienz, also Selbstbeschränkung. Doch obwohl diese Strategien in der Geschichte weit zurückreichen, blieben durchschlagende Erfolge bis heute aus. Tendenziell stiegen die Überforderungen sogar immer weiter an.

Hierfür gibt es zahlreiche Gründe. Wesentlich dazu beigetragen hat jedoch ein Wissenschaftsverständnis, das sich seit Anbruch der Moderne, ausgehend von Europa, über weite Teile der Welt ausgebreitet hat. Das Besondere dieses Wissenschaftsverständnisses Ein losgelöstes Wissenschaftsverständnis hat faktisch den Zusammenhang von Religion, Kunst und Wissenschaft beseitigt ist seine weitgehende und nicht selten völlige Loslösung von ästhetisch/ künstlerischen und ethisch/ religiösen Bindungen. Faktisch wurde der ursprüngliche Zusammenhang von Religion, Kunst und Wissenschaft beseitigt. Die Folge war eine menschheitsgeschichtlich beispiellose Steigerung wissenschaftlicher Produktivität bei gleichzeitiger Zurückdrängung ästhetischer und ethischer Einflüsse.

Was das bedeutet ist mittlerweile in seiner ganzen Tragweite sichtbar geworden. Auf der einen Seite hat sich die Wissenschaft geradezu explosiv entwickelt und Wissensmassen aufgehäuft, die kaum noch zu bewältigen sind. Auf der anderen Seite wurde sie weitgehend auf „wissenschaftliches“ Wissen reduziert, Die Beseitigung jeglicher Rückbindung der Wissenschaft auf den Kern von Religion, hat sie selbst in eine Krise geführt wodurch große Bestände von zuvor erworbenen Menschheitserkenntnissen mehr oder minder verloren gegangen sind. Noch schwerer wiegt allerdings, dass durch die Beseitigung jeglicher Rückbindung der Wissenschaft auf „Unverfügbares“, dem Kern von Religion, sie selbst in eine Krise geraten ist, die sich nicht zuletzt in der ökologischen Debatte manifestiert. Was ist der Saldo wissenschaftlicher Erkenntnisgewinne? Vor dem Hintergrund von Klimawandel, verseuchten Ozeanen, havarierten Kernkraftwerken und vielem mehr ist diese Frage nicht mehr eindeutig zu beantworten. Die Fortschrittsgewissheiten der jüngeren Vergangenheit gibt es nicht mehr.

„Sind die Grenzen der Wissenschaft für uns überhaupt noch auszumachen?“

Dalai Lama

Die Kunst scheint von dieser Entwicklung weniger berührt worden zu sein. Allerdings nur bei oberflächlicher Betrachtung. Denn auch sie befindet sich in einem Prozess, bei dem häufig nicht mehr zu erkennen ist, ob es sich bei etwas um Kunst handelt oder nicht. Was hoffen lässt, zu einer wenn auch noch so Die Kunst bleibt nur bei oberflächlicher Betrachtung unberührt unspezifischen Veränderung von Erlebnisweisen beizutragen, soll nach derzeit verbreiteter Sichtweise als Kunst gelten. Einen allgemein gültigen oder gar verbindlichen Kunstbegriff gibt es nicht mehr. Kunst ist nicht nur abhängig von Raum und Zeit – das war sie in gewissen Graden immer – sondern auch von höchst individuellen Sichtweisen. Damit ist sie zu etwas weithin Beliebigem geworden, von dem inspirierende und formierende Wirkungen oft nur noch bedingt ausgehen.

Den größten Bedeutungsverlust erlitt jedoch die Religion, die zumindest in den früh industrialisierten Ländern zur Privatangelegenheit erklärt und damit ihrer Essenz beraubt wurde. Religion, die nur noch für irgendwelche Formen individueller Frömmigkeit steht, kann nämlich ihrer eigentlichen Funktion nicht mehr gerecht werden: die (Sinn-)Fragen von Gesellschaft und Individuum aufzuzeigen und zu versuchen, sie zu beantworten. Religion hat im Kern die Aufgabe, zur gesellschaftlichen Ordnung beizutragen und Bezüge zu Unverfügbarem zu ermöglichenDie Religion erlitt den größten Bedeutungsverlust, indem sie zur Privatangelegenheit erklärt wurde , die einer Gesellschaft Halt geben. Sowohl in der Kunst, vor allem aber in der Wissenschaft ist dieser gesellschaftliche Halt nur noch schwach ausgebildet. Die konsequente Separierung aller drei Bereiche hat im Ergebnis dazu geführt, dass sie nicht den Beitrag zur Entwicklung von Individuen und Gesellschaft leisten, den sie leisten könnten und müssten.

Das Anliegen der Stiftung kulturelle Erneuerung ist, den historischen und sachbedingten Zusammenhang von Wissen, Kunst und Religion oder kurz: tragender Säulen menschlicher Kultur wieder deutlicher zu machen und dadurch dazu beizutragen, ihre Wirksamkeit zu stärken. Das kann und soll auf unterschiedliche Weise – Die Stiftung will den historischen und sachbedingten Zusammenhang von Wissen, Kunst und Religion wieder deutlich machen nicht zuletzt auch situationsbezogen – geschehen. Konkret: Bei der Förderung wissenschaftlicher, künstlerischer und /oder religiöser Aktivitäten soll, soweit möglich und angebracht, auf den einen oder anderen Bereich Bezug genommen werden. Praktisch gewendet sollen wissenschaftliche Projekte verbunden werden mit ästhetisch/künstlerischen und – soweit einsichtig – soll ihre ethisch/religiöse Fundierung sichtbar werden. Dabei ist jede Zwanghaftigkeit zu vermeiden. Aber nach einigen Jahren des Wirkens der Stiftung soll bei denen, die hieran teilhatten, ein Bewusstsein dafür entstanden sein, dass Wissenschaft, Kunst und Religion gemeinsam den Wurzelgrund menschlicher Kultur und Werteordnung bilden.

Dazu ist eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem dominierenden Wissenschafts-, Kunst- und Religionsverständnis erforderlich und zwar sowohl international als auch historisch. Um zu überleben muss die Menschheit ihre Kultur erneuern Um zu überleben braucht die Menschheit eine andere Kultur als derzeit. Sie muss ihre Kultur erneuern. Ob sie dazu in der Lage ist, ist ungewiss. Gewiss ist hingegen, dass die anstehenden Herausforderungen gelöst werden – wenn nicht vorausschauend gesteuert dann durch Katastrophen. Diese gilt es zu vermeiden. Die Stiftung kulturelle Erneuerung will Menschen und Ideen zusammenführen, um zur Verwirklichung dieses Ziels beizutragen.